Geschüttelt, nicht gerührt – deutscher Strommix
Vergangenes Jahr erreichte der Anteil erneuerbarer Energien einen Höchststand: Fast 60 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stromes kamen aus erneuerbarer Erzeugung. Ein Meilenstein auf dem Weg in eine von fossilen Energieträgern unabhängige Zukunft, in der Strom ausschließlich aus Sonne, Wind oder Biomasse erzeugt wird. Doch noch ist es nicht so weit und wir klären heute die Frage: Wie setzt sich unser Strom aktuell zusammen?
Erneuerbare legen zu
Als Strommix bezeichnen wir die Zusammensetzung der Energiequellen, aus denen der Strom, erzeugt wird. Mit Blick auf die politischen Ziele ist die Entwicklung positiv, denn der Anteil der erneuerbaren Energien am verbrauchten Strom steigt seit dem Jahr 2002 kontinuierlich an. Infolgedessen kommen fossile Energieträger immer weniger zum Einsatz.
Der Einfluss von Wetter und Jahreszeiten
Die Zusammensetzung des Strommixes ist jedoch von Tag zu Tag unterschiedlich. In Deutschland regelt das Erneuerbare Energien Gesetz, kurz EEG, die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen. Diese sind wiederum stark wetterabhängig. Während im Sommer die Einspeisung von Solarenergie am höchsten und im Winter am niedrigsten ist, verhält sich die Erzeugung aus der Windenergie umgekehrt. Der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien ist somit Jahres- und Tageszeit abhängig und verändert je nach Einspeisehöhe die Zusammensetzung des Strommixes.
Eines der größten Hindernisse beim Ausbau der erneuerbaren Energien stellt die ungleichmäßige Verteilung von Sonneneinstrahlung und Windstärke in Deutschland dar. Die Entwicklung von Speichertechnologien, wie etwa leistungsstarken Batterien oder Power-to-X-Verfahren, wird eine entscheidende Rolle spielen, um diese Schwankungen auszugleichen.
Die folgenden Grafiken zeigen diese Fluktuation im Netz des enviaM-Verteilnetzbetreibers MITNETZ STROM und stellen zwei Extreme dar: zum einen eine Überproduktion von erneuerbarem Strom, die wegen der hohen Netzlast zu einer Rückführung an das vorgelagerte Netz (die nächsthöhere Spannungsebene) führt. Die andere Grafik zeigt ein seltenes Phänomen im Netzgebiet: eine Dunkelflaute, bei der sowohl aus Photovoltaik- als auch Windkraftanlagen wenig Energie bezogen wird.
Der Strommix in Zahlen
Laut Bundesnetzagentur ergab sich im letzten Jahr folgende Zusammensetzung: Fast 60 Prozent des Stroms stammten aus erneuerbaren Energien. Die Mehrheit davon aus Windkraftanlagen, welche einen Beitrag von 32,8 Prozent (25,1)* leisteten. Deutliche Auswirkungen zeigte hier der Ausbau der Onshore-Windkraftanlagen, die von förderlichen Wetterbedingungen profitierten und zur bislang höchsten Einspeisung führten. Photovoltaik-Anlagen lieferten 12,7 (11,1) Prozent des Stroms und damit nur etwas mehr als im Vorjahr. Nach einem sonnenreichen Jahr 2022 konnte das Niveau durch den raschen Zubau gehalten werden. Der Bezug von Wasserkraft stieg wegen höherer Niederschlagsmengen auf 4,5 Prozent (4,1). Ebenso leicht gestiegen sind die Anteile von Biomasse auf nun 8,6 Prozent (8,1) und die Energie aus sonstigen erneuerbaren Quellen auf 3,4 Prozent (3,1).
Die Energie aus den übrigen konventionellen Trägern kommt mit 26,1 Prozent (33,1) zum Großteil aus Kohle- und mit 10,4 (9,3) Prozent aus Gaserzeugung. Das gestaffelte Herunterfahren und letztendlich die Abschaltung der Atomenergieerzeugung am 15. April letzten Jahres stellten einen historischen Wendepunkt in der Energieinfrastruktur Deutschlands dar. Der Anteil des Atomstroms am Verbrauch kommt dadurch auf lediglich 1,6 Prozent (6,7), die durch Stromimporte zusammenkommen.
In diesen Zahlen wird der Fortschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität deutlich. Damit ändert sich auch die Energieinfrastruktur unseres Landes weg von zentraler Erzeugung aus Kraftwerken, hin zur dezentralen, pluralen Erzeugung aus Erneuerbaren Energien. Damit auch in Zukunft alle Energie aufgenommen und dahin transportiert werden kann, wo sie gebraucht wird, ist der Ausbau unserer Stromnetze von essenzieller Bedeutung. Welche Maßnahmen der enviaM-Netzbetreiber MITNETZ STROM in diesem Jahr umgesetzt hat, um das Gelingen der Energiewende abzusichern, lest ihr in diesem Blogbeitrag.
Gegenläufiger Trend – Exporte steigen
Nachdem im Jahr 2022 erstmals seit 2003 mehr Strom importiert als exportiert wurde, hat Deutschland im Jahr 2023 mehr Strom importiert als je zuvor – insgesamt 54,1 Terrawattstunden (TWh). Das entspricht einem Anstieg von 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im gleichen Zeitraum sanken die Exporte auf 42,4 TWh. Der europäische Stromhandel folgt dem Prinzip der Effizienz: Strom wird dort produziert, wo es am günstigsten ist. Dies führt zu günstigeren Preisen und niedrigeren CO2-Emissionen, da Netzkapazitäten und wirtschaftliche Bedingungen den Handel steuern und die Länder wechselseitig von den besten Erzeugungsbedingungen profitieren.
Chance für eine grüne Energiezukunft
Der Strommix beeinflusst sowohl die Klimabilanz als auch die Kosten und Verfügbarkeit von Strom für Verbraucher. Je mehr Energie aus erneuerbaren Quellen kommt, desto weniger ist die Stromproduktion auf teure und umweltschädliche fossile Brennstoffe angewiesen. Langfristig kann dies zu einer stabileren und günstigeren Stromversorgung führen, vor allem, wenn Speichertechnologien weiterentwickelt werden. Schon heute profitieren Verbraucher von sinkenden Kosten für Solar- und Windenergie. Dies bewegt immer mehr Unternehmen und Haushalte dazu, auf nachhaltige Quellen zu setzen. Die hohe Nachfrage nach Produkten mit Grünstrom spiegelt sich auch im Angebot der enviaM wieder. So bietet der Ökostromtarif eine Belieferung aus 100 Prozent erneuerbarer Erzeugung.
*Die in Klammern gesetzte Zahl stellt den Vorjahreswert dar.