Graue Energie und wie wir sie reduzieren können
Wenn wir Obst oder Joghurt essen, nehmen wir nicht nur Energie auf, sondern verbrauchen auch welche. Denn für Produktion, Logistik und Transport von Waren wird nicht sichtbare Energie benötigt. Diese so genannte Graue Energie ist oft deutlich höher, als vermutet.
Was verstehen wir konkret unter Grauer Energie?
Graue Energie bezeichnet die gesamte Energiemenge, die für die Herstellung, den Transport, die Lagerung, den Verkauf und die Entsorgung eines Produkts oder einer Dienstleistung aufgewendet wird. Diese Energie ist in den Produkten oder Dienstleistungen „enthalten“. Sie wird von uns oft nicht direkt wahrgenommen, da sie nicht während der Nutzung, sondern in den vorgelagerten Prozessen anfällt.
Graue Energie spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit von Produkten und Gebäuden. Sie beeinflusst die Gesamtemissionen von Treibhausgasen und den Ressourcenverbrauch. Daher ist es wichtig, bei der Beurteilung der Umweltfreundlichkeit nicht nur den direkten Energieverbrauch während der Nutzung, sondern auch die Graue Energie zu berücksichtigen.
Wie entsteht Graue Energie?
Graue Energie entsteht in verschiedenen Phasen des Lebenszyklus eines Produkts:
- Rohstoffgewinnung: Energie wird benötigt, um Rohstoffe abzubauen oder zu gewinnen.
- Herstellung: Die Verarbeitung der Rohstoffe zu einem fertigen Produkt erfordert ebenfalls Energie.
- Transport: Der Transport der Rohstoffe und fertigen Produkte zu verschiedenen Standorten verbraucht Energie.
- Lagerung und Verkauf: Auch die Lagerung und der Verkauf der Produkte benötigen Energie, z.B. für Kühlung oder Beleuchtung.
- Entsorgung: Am Ende des Lebenszyklus eines Produkts wird Energie für die Entsorgung oder das Recycling verbraucht.
Die genaue Menge an Grauer Energie variiert stark je nach Produkt. So erfordert die Herstellung eines Computers etwa 3.000 Kilowattstunden an Grauer Energie, die eines Smartphones 220 Kilowattstunden. Bei einem Kilogramm Schokolade sind es etwa 2,5 Kilowattstunden, bei einem Mittelklassewagen ca. 18.000 Kilowattstunden.
Möglichkeiten zur Reduktion von Grauer Energie
Jeder von uns kann im Alltag dazu beitragen, Graue Energie zu reduzieren. Hier sind einige Tipps:
- Langlebige Produkte kaufen: Investiere in Produkte, die eine lange Lebensdauer haben und reparierbar sind.
- Regionale und saisonale Produkte bevorzugen: Der Kauf von regionalen und saisonalen Lebensmitteln verringert den Energieaufwand für Transport und Lagerung.
- Recycling und Wiederverwendung: Nutze recycelte Materialien und kaufe gebrauchte Produkte. Vintage-Läden oder Antiquariate gibt es sicherlich auch in deiner Nähe.
- Energieeffiziente Herstellung: Achte darauf, Produkte zu wählen, die energieeffizient hergestellt wurden. Dies ist durch Zertifikate und Labels wie dem EU-Energielabel oder dem Blauen Engel erkennbar.
- Vermeidung von Impulskäufen: Kaufe nur das, was du wirklich brauchst. Hungrig einkaufen zu gehen, ist daher keine gute Idee.
- Nachhaltige Materialien wählen: Bevorzuge Produkte aus Materialien, die weniger Energie in der Herstellung benötigen, wie z.B. Holz statt Kunststoff oder Baumwolle anstatt synthetischer Fasern.
- Energieeffiziente Geräte: Achte bei deinen Haushaltsgeräten auf die Energieeffizienz. Entsprechende Labels geben Auskunft darüber, wie viel Energie ein Gerät verbraucht.
- Sharing-Modelle nutzen: Teile Werkzeuge, Sportgeräte und andere Gegenstände mit Freunden oder Nachbarn. Carsharing-Modelle helfen ebenfalls, die Anzahl der Fahrzeuge und somit die Graue Energie zu reduzieren.
enviaM-Tipp
Wenn du in Markkleeberg, Halle oder Taucha wohnst, kannst du von unserem Carsharing-Angebot profitieren und mit umweltfreundlichen E-Autos losflitzen. Mehr Infos dazu gibt es unter e-qar.de.
Unsichtbare Energie an der Baustelle
Doch nicht nur klassische Konsum- und Gebrauchsgüter enthalten Graue Energie. Vor allem der Gebäudebau verarbeitet und transportiert große Mengen diverser Rohstoffe. Eine Tonne Beton verbraucht allein 200 Kilowattstunden Strom, was 100 Kilogramm Kohlendioxid entspricht. Durch die Verwendung heimischer Materialien und durch ressourcenschonendes Bauen lässt sich die im Gebäude verbaute Graue Energie minimieren.
Unsere Städte sind ein gigantisches Rohstofflager. Wie mit Urban Mining aus Dingen, die eigentlich Abfall sind, Rohstoffe gewonnen und damit neue Produkte hergestellt werden, erfährst du hier.
Graue Energie bei der Stromerzeugung
Graue Energie spielt auch bei der Stromerzeugung eine wichtige Rolle. Kohle- und Atomkraftwerke sind sehr energieintensiv. Zusätzlich zur Grauen Energie, die beim Bau entsteht, kommt hier noch die Energie hinzu, die für den Abbau und Transport der Kohle bzw. für die Gewinnung und Verarbeitung von Uran benötigt wird. Auch die Entsorgung des radioaktiven Abfalls erfordert erhebliche Mengen an Energie.
Deutlich besser sieht die Bilanz bei regenerativen Erzeugungsanlagen aus. Die Herstellung von Solarmodulen erfordert zwar ebenfalls eine beträchtliche Menge an Energie, insbesondere für die Gewinnung und Verarbeitung von Silizium. Jedoch wird diese Graue Energie durch die lange Lebensdauer und die emissionsfreie Stromerzeugung der Anlagen ausgeglichen. Ähnliches gilt auch für Windkraftanlagen: Graue Energie fällt hier vor allem für die Produktion der Turbinen und den Bau der Fundamente an. Die Energie, die während des Betriebs erzeugt wird, übersteigt jedoch mit der Zeit die anfängliche Graue Energie.
Durch den Einsatz erneuerbarer Energien wie Solar- und Windkraft kann die Graue Energie langfristig reduziert werden, da diese Technologien im Betrieb keine fossilen Brennstoffe benötigen und somit weniger Treibhausgase emittieren.
Ist eine Windkraftanlage in die Jahre gekommen, können 85 bis 90 Prozent wiederverwertet werden. Details dazu gibt es in diesem Blogbeitrag.
Fazit
Graue Energie ist ein wichtiger Aspekt des Energieverbrauchs, der oft übersehen wird. Durch bewusste Entscheidungen beim Kauf und Gebrauch von Produkten sowie durch die Nutzung erneuerbarer Energien können wir unseren ökologischen Fußabdruck verringern und einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Wenn du mehr zum ökologischen Fußabdruck erfahren möchtest, lies unseren Beitrag „Wie viel Erde darf ich verbrauchen?“.
Wie du deinen Konsum nachhaltiger gestalten kannst, erfährst du hier.