Umspannwerke – Knotenpunkte im Stromnetz
Hast du dich jemals gefragt, wie der Strom aus der Steckdose tatsächlich zu dir kommt? Die Antwort liegt in unscheinbaren, aber hochkomplexen Anlagen, die das Rückgrat unserer Stromversorgung sind: Umspannwerke. Wir haben für dich hinter die Kulissen geschaut und waren direkt vor Ort im Umspannwerk Markkleeberg. Um herauszufinden, wie diese Knotenpunkte im Stromnetz funktionieren und warum sie so wichtig sind, haben wir einen Kollegen mitgenommen, der sich bestens damit auskennt. Lars ist Ingenieur bei MITNETZ STROM und hat uns alle Fragen rund um Leitungen, Schaltschränke und Isolatoren geduldig beantwortet.
Was ist ein Umspannwerk?
Ein Umspannwerk (UW) ist ein essenzieller Knotenpunkt im Stromnetz, an dem elektrische Energie zwischen verschiedenen Spannungsebenen umgewandelt und verteilt wird. Dabei handelt es sich um eine Anlage, die Strom von einer Hochspannungsebene (HS) auf eine Mittelspannungsebene (MS) trans-formiert. Diese Umwandlung ist notwendig, um den Strom effizient über weite Strecken zu transportieren und ihn anschließend sicher und passend für den Endverbraucher verfügbar zu machen.
Gleichzeitig müssen Umspannwerke hohen Sicherheitsstandards genügen und sind mit umfangreicher Schutz-, Leit- und Überwachungstechnik ausgestattet, um Störungen frühzeitig zu erkennen und einzugreifen. Die unbesetzt und von Ferne betriebenen Anlagen sind dadurch nahezu vollständig überwach- und fernsteuerbar.
Das Energieversorgungsnetz von MITNETZ STROM erklärt
Redundanz im Zusammenhang mit Energieversorgungsnetzen bedeutet, dass beispielsweise im Hochspannungsnetz Schaltanlagen mehrfach vorhanden sind. So kann bei Ausfall oder einem Defekt ein anderer Anlagenteil übernehmen und sichert somit die Versorgung ab.
Das Mittelspannungsnetz ist nur teilweise redundant, da die vollständige redundante Umsetzung aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist. Ausfälle in den ländlichen Gebieten haben weniger weitreichende Folgen als im Hochspannungsnetz, da die Leitungen kürzer sind. Durch manuelle Umschaltungen sind aber auch hier nur kurze Unterbrechungen zu erwarten. Ebenso werden zunehmend die Mittelspannungsnetze digitalisiert und fernsteuerbar gestaltet, wie beispielsweise mit digitalen Ortsnetztrafostationen.
Mittelspannungsnetze haben eine selektive Redundanz. An besonders wichtigen Punkten wie bei der Versorgung kritischer Infrastruktur (z. B. Krankenhäuser, wichtige Industrien) werden auch Leitungen und Anlagenteile mehrfach aufgebaut.
Wie ist ein Umspannwerk aufgebaut?
Zum Beispiel in Markkleeberg führt eine Hochspannungstrasse mit zwei Leitungen zum UW. Hier wird die elektrische Spannung der Leitung (ca. 110 kV = Hochspannung) in Mittelspannung umgewandelt. Die hohe Spannung von 110-kV ist notwendig, um über lange Strecken Energie mit geringen Verlusten zu übertragen.
Die Aufgabe der Spannungswandlung übernehmen Transformatoren (=Trafo). Ein Transformator besteht aus zwei elektrisch voneinander isolierten (galvanisch getrennten) Wicklungen aus Kupfer, die um einen Eisenkern gewickelt sind. Diese Wicklungen sind mit Papier isoliert und in Öl, welches ein gutes Isolationsvermögen hat, gebettet. Im Trafo wird durch die vorhandene Spannung ein Magnetfeld erzeugt, indem der Strom durch die erste Kupferwicklung – 110 kV-Wicklung – fließt. In der zweiten Kupferwicklung – 20 kV-Wicklung – entsteht durch das Magnetfeld der 110 kV-Wicklung ein Stromfluss mit geringerer Spannung. Die Anzahl der Windungen (wie oft die Wicklung um den Eisenkern geführt wird) entscheidet, welche Spannung an der zweiten Wicklung entsteht.
Nach der Umwandlung im Trafo wird die Energie über 20-kV-Leitungen (MS) zu Ortsnetzstationen und anschließend über die 400 V-Leitungen (NS) weiterverteilt.
Wusstest du schon?
Auch Ladegeräte für dein Handy sind kleine Transformatoren. Aus der Steckdose kommen meist 230 Volt (V). Ein Handyladekabel selbst benötigt jedoch keine 230 V, da Smartphones mit wesentlich niedrigeren Spannungen arbeiten. Normalerweise wird der Strom durch das Netzteil auf eine Spannung von 5 V umgewandelt, um das Handy sicher zu laden. Bei Schnellladekabeln kann die Spannung jedoch auf 9 V, 12 V oder sogar bis zu 20 V erhöht werden.
Weitere wichtige Bausteine des Umspannwerkes:
- Trenner: Stromkreise werden im spannungsfreien Zustand sichtbar getrennt (z. B. bei Wartungsarbeiten)
- Wandler: misst vorhandene Ströme und Spannungen (notwendig für automatisierte Fehlerabschaltungen und die Fernüberwachung)
- Leistungsschalter: unterbricht bei Überlastungen oder Kurzschlüssen den Stromfluss (innerhalb weniger Millisekunden)
- Erdungssystem: leitet Fehlerströme sicher in den Boden ab (Schutz für UW, Personal)
- Schutz- und Leittechnik (für Fernsteuerung, Abschaltungen, intelligente Spannungsregelung)
Netzausbau der enviaM-Gruppe in Zahlen
Eine Trafostation transformiert den elektrischen Strom von einer Spannungsebene auf eine andere. Üblicherweise von Mittelspannung (meist 10 bis 30 kV) auf Niederspannung (400 V). Diese Stationen befinden sich in der Nähe von Endverbrauchern, so z. B. in Wohngebieten, Industrieanlagen oder Ge-werbebetrieben. Sie ermöglichen, den Strom aus dem überregionalen Stromnetz auf eine für Haushalte oder kleinere Betriebe nutzbare Spannungsebene umzuwandeln.
Trafostationen sind also lokal für die Verteilung an Endnutzer zuständig, während Umspannwerke überregionale Knotenpunkte im Hochspannungsnetz darstellen.
Ein zukunftsfähiges Umspannwerk ist der Schlüssel zur Stabilität und Effizienz unseres Stromnetzes. Angesichts der wachsenden Herausforderungen durch erneuerbare Energien, dezentrale Erzeugung und steigende Stromnachfrage spielen Umspannwerke eine zentrale Rolle bei der Anpassung und Flexibilisierung des Netzes. Sie müssen nicht nur für die Integration neuer Technologien wie PV-Anlagen und Wärmepumpen gewappnet sein, sondern auch in Echtzeit auf schwankende Lasten und Einspeisungen reagieren können. Durch intelligente Steuerungssysteme, den Ausbau von Kapazitäten und innovative Lösungen wie Energiespeicher sichern Umspannwerke eine stabile und nachhaltige Energiezukunft.
Die Digitalisierung von Stromnetzen erfordert auch neue Zähler bei den Kunden. Alles über intelligente Messsysteme erfährst du in diesem Beitrag. Wie es um die Energiezukunft in Deutschland steht, erklärt dir Prof. Dr. Mario Ragwitz, Leiter des Fraunhofer für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG), hier.